1947 - 1956

 

Schulhaus-Schild, Oktober 1947


Im Frühjahr 1947 beginnen die drei Initianten, Dr. rer. pol. Leo Schermann (Handelslehrer in Bern), Fritz Kocher (ehem. Sekundarlehrer und Inhaber eines Buchhaltungsbüros) sowie Frau L. Schnyder (Rektorin der neuen Handelsschule in Bern), mit den Vorbereitungsarbeiten zur Eröffnung einer Handelsschule in Spiez.
Ursprünglich wollten die Initianten die erste Handelsklasse ab Frühjahr 1947 führen. Am 3. April erschien in der Oberländischen Volkszeitung dann aber folgender Artikel:
"Neues von der Oberl. Schule in Spiez: Die auf diesen Frühling geplante Eröffnung konnte nicht erfolgen, weil die Lokalitäten nicht auf diesen Termin freigemacht werden konnten. Verschoben auf Herbst 47 - dafür bessere Vorbereitung. Interessenten können sich inzwischen bei der Neuen Handelsschule in Bern anmelden, die Kurse dort anfangen und dann in Spiez damit weiterfahren."

  In der Oberländer Volkszeitung erscheint am 4. August 1947 ein Bericht unter dem Titel:"Die Neue Oberl. Schule in Spiez kommt".
Das Bild, das unser Schulhaus zeigt, ist untertitelt mit "Besitzung Beau Séjour ("Neues Schlössli") in Spiez. Domizil der Neuen Oberl. Schule. 1 Min. vom Bahnhof"

Als erste Gemeinde erklärt sich Beatenberg am 11. August 1947 bereit einer Genossenschaft beizutreten. Spiez folgt dem Beispiel Beatenbergs am 22. August.
Am 26. September werden die Statuten der zu gründenden Genossenschaft besprochen. Zur gleichen Zeit formiert sich eine Gruppe von 20 Personen unter dem Namen "Freunde der Neuen Oberl. Schule Spiez".

 

Am 8. Oktober 1947 findet die Gründungsversammlung der "Neuen Oberländischen Schule Spiez" im Café Lötschberg in Spiez statt. Die Genossenschaft besteht aus 20 Privatpersonen und zwei Gemeinden (Spiez und Beatenberg).


Fritz Kocher, 1895 - 1973

  Der erste Verwaltungsrat besteht aus den Genossenschaftern Fritz Kocher (Präsident), Dr. L. Schermann (Vizepräsident), Dr. Zürcher, Emil Buchmann, Frau L. Schnyder, Chr. Thomann (Gemeindepräsident von Spiez) und E. Maurer (Redaktor der Oberländer Volkszeitung in Spiez).

Dem Protokoll der Gründungsversammlung ist zu entnehmen, dass die Schule auf christlicher Grundlage aufgebaut werden müsse, was sie zu gewissen sozialen Richtlinien gegenüber finanzschwachen Leuten verpflichtet.
Aus diesem Grund wurde auch beschlossen, zugleich die Gründung eines Vereins der Freunde der Oberländischen Schule voranzutreiben, mit dem Zweck, minderbemittelte Schüler zu unterstützen.

 

Kurz darauf beginnt das erste Schuljahr der NOSS. Am 28. Oktober 1947 beginnt das Schuljahr für zwei Handelsklassen mit insgesamt 34 Schülern. Erstaunlich, dass diese bereits aus 22 Gemeinden des Oberlands stammen. Von diesen 34 Schülern besuchen 21 den Semesterkurs, 13 haben sich für den Jahreskurs eingeschrieben.


Madame
Colette Baechtold

 

In diesem ersten Schuljahr unterrichten folgende Lehrkräfte:

M. Keller (Handelsfächer)
W.P. Otth (Stenographie, Maschinenschr.)
M.C. Baechtold (Französisch)
Dr. Zimmermann (Deutsch, Korrespondenz)

Wie der folgende Zeitungsbericht vom 3. 12. 1947 zeigt, hat die neu eröffnete NOSS keine Freude an Sprachkursen, welche von Auswärtigen angeboten werden:

 

Am 2. April 1948 sieht sich der Verwaltungsrat der NOSS gezwungen in der Oberländer Volkszeitung die Bevölkerung des Oberlands zu warnen, dass "gewisse Kreise aus der Hauptstadt versuchen, die Entwicklung der oberl. Lehranstalt zu durchkreuzen".

 

An der ersten Diplomfeier am 28. April 1948 schliessen die ersten Schülerinnen und Schüler ihre Ausbildung ab. Es werden 13 Diplome und 68 Semesterzeugnisse vergeben. Mit einer Durchschnittsnote von 5,7 schnitt Frl. El. Schneider aus Spiez am besten ab.

Am 4. Juni wird der Verein "Freunde der NOSS" offiziell gegründet. Erster Präsident ist G. Hauert, Dürrenast.
Der Verein "bezweckt die Förderung der Bildungsbestrebungen im Oberland".
Der Jahresbeitrag beträgt Fr. 5.- pro Jahr.

Ab den Sommerferien 1948 führt die NOSS Sprachkurse für Schüler aus dem Welschland durch. Da diese im 1. Stock der NOSS verpflegt werden und bei Privatpersonen schlafen, wird die NOSS für die kommenden Sommerferien jeweils zum Halbinternat.

Im Herbst 48 beginnt für 54 Schüler aus nun schon 39 Oberländer Gemeinden die Ausbildung. Zur Handelsschule kommen nun noch die Angebote Verkehrkurs (Bahn und Post) und der Kurs Hotelsekretariat hinzu.

Natürlich erhält jede Schülerin und jeder Schüler eine Legitimationskarte. Heute würde man dem Ausweis eher Schülerausweis sagen.
Legi1  

Legi2

 

1949 wird unter der Leitung von Herrn Dr. Käser (Arzt in Spiez) die Arzt- und Zahnarztgehilfinnenschule eröffnet.
Man denkt laut darüber nach, ob man die Schule ins Parkhotel Bubenberg zügeln wolle, da die Schülerzahl nun schon auf 43 (in drei Klassen) angestiegen ist.

 

Und so war das Schulhaus 1949 belegt:

rechts unten:
Bis Frühling 1948 Wohnung von Baumeister Gugler. Daran anschliessend 2 Schulzimmer und Sekretariat.

rechts oben: erste Schulzimmer der NOSS ab 1947.

links unten: Wohnung von Madame Hirsig, Modistin

links oben: Wohnung der Familie Hostettler. Herr Hostettler wurde 1949 erster Schulhausabwart.

Untergeschoss: Wohnung einer Familie mit zwei Kindern bis 1949

 

1950 wird an der NOSS eine Hotelfachschule eröffnet.

Im Wintersemester findet an der NOSS jeweils am Mittwochnachmittag Französischunterricht für Schulpflichtige statt.


Abschlussklasse 1950 mit den Lehrern Max Keller (l) und Walter Otth

 

Schreibmaschinensaal 1950

Hinten links Herr Otth und rechts Herr Dr. Keller, der mit "seiner ruhigen Art auch den ängstlichen Schülerinnen das Zittern vor dem Rechnungsunterricht wegbannte".

 

Anlässlich eines grösseren Umbaus werden 1951 Zwischenwände entfernt. Die Lehrer Kocher, Keller und Otth sowie die Sekretärin Lotti Kocher halfen in den Sommerferien beim Streichen und Tapezieren der Schulzimmer mit.

Bereits besuchen 83 Schüler die NOSS. Im Herbst schliessen die ersten Arztgehilfinnen ihre Ausbildung ab.

 

1952 werden die Statuten der Genossenschaft dahingehend geändert, dass fortan nur noch drei Verwaltungsräte die Geschäfte der NOSS führen, nachdem der Verwaltungsrat 1949 auf neun Mitglieder aufgestockt worden ist. Es sind dies F. Kocher (Präs.), Dr. Käser und Johann Walz aus Brienz. Dr. Schermann, einer der NOSS-Gründer, scheidet aus dem Verwaltungsrat aus.

 

Unbekannter Anlass 1952 mit Sekretärin Frl. Kocher (2.v.l), der Französischlehrerin C. Baechtold, Herrn W. Otth. (Steno/Tast.) und Schulleiter Keller (Franz./Englisch).

 

Erstmals wird 1952 für die Handelsschüler und Arztgehilfinnen im Wintersemester am Samstag jeweils ein Praxishalbtag eingeführt.

 

In der NOSS wird immer gerne gesungen. So ist es nicht verwunderlich, dass auch ein NOSS-Männerchor existiert.
Aber nicht nur das! Es gibt auch ein NOSS-Lied: "Wir sind die Nüsse von der NOSS, NOSS, NOSS ..."

Links ein Foto des NOSS-Männerchors anlässlich des Abschlussabends 1952. Dirigiert wird der Chor von W. Otth.

 

 

1953 geht aus dem Geschäftsbericht hervor, dass die zunehmenden Schulgeldschulden (ca. 8000.- Fr. jährlich) zum Problem werden. Meist werden diese Schulden nachträglich mit dem ersten Lohn bezahlt.

Ebenfalls finden dieses Jahr erstmals Abendkurse der NOSS in Thun statt. Man plant sogar eine NOSS-Filiale in Thun.

Erstmals können 1953 aus Platzmangel nicht alle Angemeldeten aufgenommen werden.

 

1954 plant die NOSS die Verkehrsabteilung zu einer eigenständigen Verkehrsschule auszugliedern. Diese Idee wird aber nie umgesetzt.

Zu dieser Zeit werden 87 Schülerinnen und Schüler in 4 Klassen unterrichtet. Das Schulgeld für 38 Wochenlektionen beträgt 100.- Fr. pro Jahr.

 

Seit einigen Jahren, vor allem seit dem Ausscheiden von Dr. L. Schermann aus dem Verwaltungsrat (1952), wird die Krise im Verwaltungsrat immer grösser. Als diese 1955 ihren Höhepunkt erreicht, bestellt die Gemeinde Spiez in Notar W. Hadorn einen Vormund für die Genossenschaft. Dieser organisiert eine ausserordentliche Hauptversammlung. An dieser wird der Verwaltungsrat neu gewählt: Verwaltungsratspräsident wird Dr. W. Bettler, Notar aus Matten, und 8 Gemeindevertreter sowie ein Vertreter des Vereins der Freunde der NOSS bilden den Verwaltungsrat.

Der neue Verwaltungsrat beschliesst im selben Jahr eine neue Besoldungsordnung für die NOSS-Lehrkräfte.

 

Am 14. April 1956 findet im Schulhaus die Hauptversammlung der Genossenschaft statt. Traktandum 3: "Beschlussfassung eines Kaufvertrags zwischen der Genossenschaft Walddorf-Sonnenhof-Gesellschaft und der NOSS". Mit 17 : 1 Stimmen wird der Kaufvertrag genehmigt. Herr Schermann, Besitzer der Walddorf-Sonnenhof-Gesellschaft, ausgeschiedener Verwaltungsrat, aber immer noch Genossenschafter der NOSS, enthält sich der Stimme.

Somit kauft die NOSS ihr Schulhaus (amtl. Wert 172 340.- Fr.) für 200000.- Franken.